René Zöllinger

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Kultursensation in Leoben

"Die Schelmenstreiche des Scapin"

Es war ein Theaterstück von ganz besonderer Atmosphäre und außergewöhnlichen Eindrücken - es war in vieler Hinsicht sogar sensationell: »Die Schelmenstreiche des Scapin« von Jean B. Moliere. (Deutsch von Peter Lotschak, der auch ein interessantes Vorspiel schuf!)

Da war einmal der überraschend gute Besuch, obwohl es am Freitagabend genügend Konkurrenz gab. Da war der Umstand, daß man endlich wieder einmal eine Aufführung am Kirchplatz (vor St. Xaver) wagte und gerade die Atmosphäre dieses Hintergrundes voll auszunützen verstand. Dann war es der wohl ungewöhnlichste Auftakt einer Theateraufführung, die man je in Leoben sah — die Wanderbühne kam in überzeugender Form in diese Sicht und zeigte auf, wie es wohl einer derartigen Theatergruppe einst ergangen sein mag — und Moliere gehörte mehr als zehn Jahre einer solchen an.

Was hier jedoch viel wesentlicher scheint, als Moliere, als die Lotschak-Version, als die Tatsache, daß selbst dieses Frühwerk zeitlos wirkt, ist die Leistung des Leobner Ensemble - das war Vollblut-Theater, was hier die Mitglieder boten, die sonst unzählige Märchenvorstellungen einstudiert haben. Es sei gar nicht erwähnt, wie weit der oder jene Laiendarsteller ist oder Halbprofi zumindest aber Routinier. Das Einzige, was man vielleicht doch aufzeigen sollte, daß Rene Zöllinger mit starkem Fieber auftrat und so über sich selbst hinauswuchs - er ist eben ein vom Theater Besessener! Und das wäre sicherlich auch zu beachten - in den umliegenden Sitzgärten der FUZO-Lokale kümmerte man sich nicht im geringsten, um diese Aufführung. Der dadurch entstandene Lärm hat manchen Mitwirkenden doch mehr gestört, als er es vielleicht selbst wahrhaben wollte - daß dann die Konzertration auf das Wort länger als gewöhnlich ausfallen mußte war logisch.

Aber was soll das Für und Wider - aus der ursprünglich »müden« Atmosphäre der abgekämpften Wanderbühne, der aber die heitere Seite in tragikomischer Form nicht fehlte, entwickelte sich ein köstliches Lustspiel. Ein Lustspiel übrigens, das man als Bindeglied zwischen Commedia dell' arte und nationaler französischer Komödie sehen muß. Irgendwo liegen hier noch die Typen der italienischen Commedia mit ihrem Stegreif-Texten zugrunde und doch merkt man schon die pfiffige Anprangerung menschlicher Schwächen, wie sie dann vor allem in den gesellschaftkritischen Werken Molieres hervortreten.
Man muß diesem Leobner Ensemble eine ganz besondere Anerkennung zollen, daß es ihm gelang diesen grundlegenden Szenen- und Charakterwechsel (Vorspiel und eigentliche Komödie) herauszuarbeiten. Man muß aber auch die Ausstattung von Herlinde Gross und Wolfgang Jast, die Kostüme von Finni Graf und die Maske von Andreas Gross hervorheben: das waren tolle Ideen und begabte Aufführungen.

René Zöllinger, Heribert Reiter, Andreas Stix, Karl Pongratz, Thomas Jurkowitsch, Andi Stradner, Gerti Hammerer, Susanne Zöllinger, Alexandra Korp und Sissy Nagovnak (in der Reihenfolge des Programmes) - das waren die Mitwirkenden: und obwohl es herausragende Leistungen gab, sollen sie so in Erinnerung bleiben, denn alle geben ihr Bestes - und das war sehr, sehr viel!

Weitere Vorstellungen folgen am 3. August und am 2. September (Beginn jeweils um 19.30 Uhr) am Kirchplatz (bei Regenwetter im Stadttheater) und sind sicherlich reizvolle Beiträge zum Leobner Kultur-Sommer.
-Kurt Kraus-

»Die Schelmenstreiche des Scapin« von Jean B. Moliere unter der Regie von René Zöllinger
Die Schelmenstreiche des Scapin
von Jean B. Moliere unter der Regie von René Zöllinger
»Die Schelmenstreiche des Scapin« von Jean B. Moliere unter der Regie von René Zöllinger
Die Schelmenstreiche des Scapin
von Jean B. Moliere unter der Regie von René Zöllinger
»Die Schelmenstreiche des Scapin« von Jean B. Moliere, aufgeführt am Kirchplatz in Leoben unter der Regie von René Zöllinger
Die Schelmenstreiche des Scapin
von Jean B. Moliere, aufgeführt am Kirchplatz in Leoben unter der Regie von René Zöllinger